Zielbahnhof Gentrifizierung?

Zielbahnhof Gentrifizierung?

Oder: Wohin geht die Reise bei der geplanten Modernisierung des Familienheim eG-Areals im Quartier am Wiehre-Bahnhof?

Wiehre für alle – Bewohner*innen Initiative für den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum

Ausführliche Analyse auch als PDF verfügbar: Zielbahnhof_Gentrifizierung.pdf

Am 14.06.2017 erhielten die Bewohnerinnen und Bewohner in rund 300 Wohnungen der Familienheim Freiburg Baugenossenschaft eG im Quartier am Wiehre-Bahnhof per Post die Nachricht von einer geplanten Modernisierung des dortigen Gebäudebestands in den kommenden Jahren. Angekündigt wurde für die Sommermonate die Begehung der Wohnanlagen durch Gutachter und Planer.

Als Folge dieser Ankündigung bildete sich „Wiehre für alle – die Bewohner*innen Initiative für den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum“, die auf den Planungsprozess Einfluss nehmen will. Als erster Schritt wurde ein Schreiben an den Vorstand der Genossenschaft mit zentralen Anliegen der Betroffenen in Bezug auf die Planungen formuliert: Erhalt der Gebäude, Erhalt der leistbaren Mieten und der diversifizierten Struktur der Bewohnerschaft, Beteiligung am Planungsprozess. Unterzeichnete Exemplare wurden im Juli und August an den Vorstand versandt. Mit Stand vom 22.08.2017 hatten den Brief Mitglieder aus mehr als zwei Dritteln der genannten Wohneinheiten unterschrieben, darunter alle acht betroffenen Mitgliedervertreter der Genossenschaft.1

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Pressemitteilung 12.11.2017

Pressemitteilung 12.11.2017

Gentrifizierung auf Staatskosten?

Wir sind Genossenschaftsmitglieder der Familienheim Freiburg Baugenossenschaft eG und setzen uns gemeinsam für den Erhalt unseres Viertels ein. Das Familienheim plant weitgehende Eingriffe in das Quartier in der Wiehre. Über 300 Wohnungen droht der Abriss.

Die Wohnungen der Häuserzeile Quäkerstr. 1,3,5,7 und 9 sollen nach Wusch des Vorstandes „entmietet“ werden. Der Abriss ist für 2019 geplant. Bei der Infoveranstaltung des Familienheims am 09.11.2017 für die betroffenen MieterInnen gab der Vorstand unter anderem bekannt, dass es keinerlei Gutachten zur Bausubstanz gibt. Der Vorstand des Familienheims behauptet, die betroffenen Häuser (Baujahr 1952) seien weitgehend im ursprünglichen Zustand. Dabei wird verschwiegen, dass die Wohnungen bei Neuvermietung stets saniert wurden. Der Mietpreis dieser Wohnungen liegt im Schnitt bei 7 €.

Bei einem Neubau werden die Mietkosten für alle drastisch steigen. 30% der geplanten Neubauwohnungen sollen aus Landesfördermitteln finanziert werden. Die geplante Miete dieser geförderten Wohnungen soll nach aktueller Planung 7,50€ betragen. Die Zielmiete von 70% der Wohnungen soll circa 10€ betragen. Die derzeitigen 41 Mieterparteien wären laut einer Umfrage innerhalb der Bewohnerschaft auf die geförderten Wohnungen angewiesen. Das Familienheim kann ihr Versprechen, dass alle derzeitigen MieterInnen in den Neubau zurückkehren können (bei der geplanten Förderquote von 30%) rein rechnerisch nur halten, wenn sie auf dem Grundstück mehr als 120 Wohnungen bauen. Das gibt das Areal selbst bei dichtester Bebauung nicht her. Wir fragen uns: warum öffentliche Fördermittel aus Steuergeldern einsetzen, wenn am Ende alle mehr zahlen als zuvor? Bei der geplanten regulären Miete, ist davon auszugehen, dass die Mehrheit der BewohnerInnen aus der Wiehre verdrängt wird: das wäre staatlich geförderte Gentrifizierung.

Ähnliche Entwicklungen werden auch von den BewohnerInnen der weiteren ca. 260 Familienheim Wohnungen im Areal befürchtet.

Offener Brief zum Abrißvorhaben Quäkerstrasse

Offener Brief zum Abrißvorhaben Quäkerstrasse

Sehr geehrter Vorstand der Baugenossenschaft Familienheim Freiburg!

Sie haben in Ihrem Ankündigungsbrief vom 14.6.17 mit dem Alter der Bauten in der Wiehre argumentiert: dass sie 60-80 Jahre alt sind und eine Prüfung der Bausubstanz durch Sachverständige angekündigt. Wenig später (20.9.17) haben Sie uns darüber informiert, dass abgerissen wird – wobei Sie das Wort vermeiden und lieber von „Neuerrichtung“ sprechen, das klingt besser.

Wir haben aber nichts über den Inhalt der Sachverständigen-Prüfung erfahren, nur ihren Beschluss des Abrisses für die Quäkerstraße 1,3,5,7,9. Das ist ein intransparentes Vorgehen – was fanden denn die Sachverständigen heraus? Wie Sie uns mitgeteilt haben, sollen die Gebäude aus „strukturellen und planerischen Notwendigkeiten“ abgerissen werden, gravierende bauliche Mängel, die einen Abriss unumgänglich machen, liegen also demnach nicht vor.

Sie versichern uns: „Wir möchten weiterhin und auch langfristig den Interessen unserer Mitglieder gerecht werden.“ Aber kennen Sie diese auch? Die im Planungsgebiet wohnenden Mitglieder jedenfalls haben Sie nicht nach ihren Interessen gefragt. Und bei den etwa 300 betroffenen Wohneinheiten handelt es sich immerhin um einen Anteil von 11,4% der 2.700 Wohneinheiten der Familienheim Freiburg Baugenossenschaft eG.

Sie regieren von oben nach unten und meinen, die „Genossen“, die Ihre Gehälter garantieren, in sehr wichtigen Angelegenheiten nicht beteiligen zu müssen. Durch die Initiativen der Bewohnerinnen und Bewohner und unsere interne Befragung, die Ihnen zugeleitet wurde, sind Sie über die Ansichten vieler Bewohner hierzu informiert worden – und haben so einen Hauch von Demokratie erlebt, die Sie nicht praktizieren. Wir, die wir in den Bauten wohnen, bezweifeln, dass ein Abriss unabwendbar ist, denn es wohnt sich in den Gebäuden recht gut, abgesehen von kleineren Mängeln, die nicht die Bausubstanz betreffen.

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Strengere Anforderungen für die Verwertungskündigung

Strengere Anforderungen für die Verwertungskündigung

27.09.2017 – Der Bundesgerichtshof hat strengere Anforderungen an die sogenannte Verwertungskündigung formuliert:

http://www.mieterbund.de/mietrecht/bgh-urteile-mietrecht/bgh-urteil-detailansicht/article/41388-bundesgerichtshof-staerkt-mieterrechte.html

Tipp an die BewohnerInnen der Quäkerstrasse:

Treten Sie dem Badischen Mieterring bei! Dort bekommen Sie Hilfe und professionelle Beratung.

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs, dass eine sogenannte Verwertungskündigung wegen Abriß und Neubau sehr erschwert, stehen Ihre Chancen bei einem Prozeß sehr gut. Sie würden bei einem gewonnenen Prozeß nicht nur Ihre Wohnung und das Haus sondern das ganze Viertel retten !

Einschneidende Veränderungen im Quartier

Einschneidende Veränderungen im Quartier

Freiburg, 23.08.2017
VIELEN DANK FÜR IHRE UNTERSTÜTZUNG!

Liebe Nachbarinnen und Nachbarn in den Familienheim-Gebäuden in der Wiehre,gemäß des Schreibens des Familienheims vom 14.06.2017 stehen in der Wiehre in den kommenden Jahren einschneidende Veränderungen an. Daher bildete sich Ende Juli eine Bewohnerinitiative, die auf die Planungen Einfluss nehmen will.

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Ergebnisse der Anwohnerbefragung

Ergebnisse der Anwohnerbefragung

Kurz gefasst:

97% der AnwohnerInnen sprechen sich für den Erhalt ihrer Häuser und Wohnungen aus.

24.07.2017 Brief_an_Familienheim_-_Unterschriftenaktion_-_2017_07_24

17.09.2017 Bericht_ BewohnerInnenbefragung_2017_09_19

Bewohnerinitiative in den Familienheim-Gebäuden in der Wiehre Freiburg, 17.09.2017

Liebe Nachbarinnen und Nachbarn,
nachfolgend möchten wir Sie über die Ergebnisse der Befragung, die wir im Zeitraum vom 25.08.2017 bis 11.09.2017 in den 308 betroffenen Wohneinheiten durchgeführt haben, informieren.

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Kleines Vokabelheft der Gentrifizierung

Kleines Vokabelheft der Gentrifizierung

entwohnen > Rausschmiß auf Raten (hier kann es gerne mal zu „häßlichen Bildern“ kommen). Oft unterschreiben die Mieter ihren eigenen Abgang aus der Wohnung und ihrer vertrauten Umgebung. Beim Entwohnen werden zunächst alle verfügbaren „soft techniques“ der Machtausübung angewandt. Die Wohnungseigentümer vertrauen darauf, dass viele Mieter ihre Rechte nicht kennen. Eine Kündigung nach § 573 (2) 3. (Verwertungskündigung) ist heutzutage nicht leicht umsetzbar.

informieren > verfügen , bestimmen, anordnen , dekretieren

Infoveranstaltung > Verkündung von beschlossenen Tatsachen, gerne auch mit Paß- und Einlaßkontrolle und speziellen Moderatoren zur professionellen Eindämmung des Unwillens der Betroffenen.

Interessen unserer MieterInnen > Unsere Interessen

Konstruktiver Dialog > Befehl und Gehorsam unter Beibehaltung des demokratischen Scheins

Maßnahmen > Abriß und Rausschmiss, Bau teuerer Wohnungen

Mit uns findet keine Gentrifizierung statt > Mit uns findet Gentrifizierung statt

Modernisierung > Beliebte Drohkulisse, um bei der derzeitigen skandalösen Gesetzeslage Mietsteigerungen zu erreichen zu wollen. Sehr viele Modernisierungen wären nicht nötig und vermeidbar, wenn es der Wille des Haus- Grunsstückeigentümers wäre. Beispiele:
Feuerschutz – Feuerschutz Dämmplatten gibt es für 7-10 € / qm . Die Anbringung im Trockenbauverfahren bei Speicherwohnungen kostet circa 50€ / qm . Fassadendämmung – Die oft Schimmel produzierende und im Süden Deutschlands meist unnötige Fassadendämmung ist nur gesetzlich vorgeschrieben, wenn mehr als 10% einer Fassade renoviert wird. Dämmung der obersten Geschoßdecke – bei Holzbalkendecken nicht vorgeschrieben.

Neubau, Neuerrichtung > Abriß des bestehendes Hauses

Neue Mitgliederkreise > Reiche, Dinkis, Yuppies, Erben

Planungen > Abrißvorhaben für teueren Wohnraum

Prüfung des Wohnbestandes > Abrißgenehmigung vorbereiten und einholen

Strukturelle und planerische Notwendigkeiten > nebulös für: Wir tun was uns gefällt und das Kapital vermehrt. Wir streben Wirtschaftlichkeit an.

umsetzen > rausgeschmießen werden und ziemlich sicher in eine schlechtere und/oder teuerere Wohnung umziehen dürfen

Unterstützungsangebot > wir unterstützen Sie beim Verschwinden aus Ihrer Wohnung

Verantwortung für zukünftige Generationen > nebulös für: Übergehen der jetzigen Generation [oder:] Im Interesse der schnellen Kapitalvermehrung heute und in der nahen Zukunft. Wird auch gerne mal als „Philosophie“ verkauft.

Wohneinheiten > Wohnung, Haus, Lebensmittelpunkt, vertrautes Umfeld